Die Universitätsschule Dresden ist ein besonderer Ort zum Lernen – auch für die Schulleiterin Maxi Heß selbst. Mit Jens Schaller und Thomas Eibeck, den Geschäftsführern von SachsenGigaBit, sprach sie über diesen einmaligen Lernort und den Forschergeist von Kindern und Jugendlichen.
Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Ihre Schulzeit denken?
Maxi Heß: Die Schule war für mich ein Befreiungsschlag, denn ich hatte im Kindergarten nicht das Glück, wohlwollende Erzieher zu haben. Als mir die Lehrerin am ersten Schultag die Zuckertüte in die Hand gab, wusste ich: Das will ich auch werden.
Herr Eibeck, woran erinnern Sie sich?
Thomas Eibeck: Meine Schulzeit liegt einige Jahrzehnte zurück. Trotz der Mahnungen meiner Eltern, die eigentliche Schule sei wichtiger, war ich in vielen Arbeitsgemeinschaften, etwa Elektronik, Schiff- und Modellbau. Das hat mich geprägt.
Was war das Tollste, das Sie dort nach dem Unterricht gebaut haben?
Eibeck: Ein Surfbrett. Mit einfachsten Mitteln. Zum Einsatz kam es mit einem Segel von einem Optimisten, der Bootsklasse für Anfänger.
Herr Schaller, wie war Ihre Schulzeit?
Jens Schaller: Wir hatten Frontalunterricht, wie damals üblich. Am meisten haben auch mir die praktischen Aufgaben gefallen – wenn wir einen Hammer oder eine Bohrmaschine in der Hand hatten.
Frau Heß, hatten auch Sie eine von Wandtafel und Klassenbuch geprägte Schulzeit?
Heß: Ja. Das Höchste an Digitalität war, in der Sprache Turbo Pascal zu programmieren. Ich fand es schrecklich, es hatte null Bezug zu meinem Leben! Hätte mir jemand gesagt, du wirst mal Schulleiterin einer digital ausgerichteten Schule, hätte ich geantwortet: auf keinen Fall!
Würden Sie lieber heute zur Schule gehen?
Heß: Ich kann sagen, ich wäre gerne Schülerin an unserer Schule. Weil ich glaube, dass Digitalisierung uns hier ermöglicht, viel individueller mit jeder und jedem Einzelnen zu arbeiten.
Haben Sie ein Beispiel, wie die Digitalisierung den Schulalltag erleichtert?
Heß: Morgens melden sich die Schülerinnen und Schüler mit einem Chip an, damit klar ist, dass sie angekommen sind. Es gibt kein Klassenbuch, in dem ich Anwesenheiten festhalte. Als Schulleiterin kann ich außerdem auf einen Blick sehen, wie meine Kolleginnen und Kollegen den Unterricht dokumentieren.
Herr Eibeck, wären Sie hier gerne Schüler?
Eibeck: Ich würde mir einen Mix aus beiden Welten wünschen. Ich halte die Digitalisierung für eine sehr gute Grundlage, Wissen besser zu vermitteln. Aber das ersetzt nicht die Methodik, wie ich es den Kindern beibringe. Noten sind wichtig – gerade im Gespräch mit potenziellen Mitarbeitenden sehen wir jedoch, wo etwas in der Ausbildung zu kurz gekommen ist.
Schaller: Wir merken heute, dass die jungen Menschen durch ein offeneres Bildungssystem gegangen sind als wir. Sie haben ein ganz anderes Auftreten und auch andere Anforderungen. Sie fordern Projektarbeit ein und erwarten regelmäßiges Feedback.
Wie haben Sie sich als Führungskraft auf diese neue Generation eingestellt?
Schaller: Ich bin seit über 30 Jahren im Unternehmen. In den 1990er Jahren gab es noch die klassische Hausmitteilung, von Hand oder mit Schreibmaschine. Wir mussten alle erst lernen, mit E-Mails umzugehen. Damals hat sich für mich gezeigt: Es braucht saubere Kommunikationsregeln, damit wir digitale Werkzeuge richtig anwenden.
Maxi Heß, Schulleiterin
Maxi Heß leitet die Universitätsschule Dresden seit ihrer Gründung im Jahr 2019. An der Schule, einem gemeinsamen Projekt der TU Dresden und der Landeshauptstadt, werden unter wissenschaftlicher Begleitung innovative Formen des Lehrens und Lernens erprobt. Ab der 4. Klasse bekommen alle Schülerinnen und Schüler einen Laptop. Sie dürfen mitentscheiden, was sie lernen, und statt Zensuren gibt es Feedback in verschiedenen Formen.
Frau Heß, gibt es Fähigkeiten, die Ihre Schüler haben und Sie nicht?
Heß: Ach, ich glaube, meine Schüler können vieles besser als ich, nicht nur im Digitalen. Das muss ein Instrument sein. Für uns liegt der Fokus auf der individuellen Lernbegleitung. Das Surfbrett hatte für Herrn Eibeck eine Bedeutung, weil es einen Lebensweltbezug hatte. Das ist die Grundidee unserer Schule. Wir wollen Entwicklungswege vom Lernenden her denken. Indem wir die Fragen, die diese an die Welt stellen, in den Fokus nehmen. Unser Ziel ist, die Kinder und Jugendlichen zu befähigen, in einer hoch agilen, flexiblen Gesellschaft zurechtzukommen.
Hilft Künstliche Intelligenz beim Lernen?
Heß: Wir nutzen Künstliche Intelligenz und binden sie in Projekte ein. Zugleich ermutigen wir die Schüler, die Ergebnisse kritisch zu hinterfragen. Wir verwenden KI auch, um Lernmaterialien zu erzeugen.
Welche Rolle spielt KI bei SachsenGigaBit?
Schaller: Es ist ein Thema. Momentan planen wir unsere Netze noch weitgehend manuell. Künftig wollen wir KI aber auch bei Ausbauentscheidungen einsetzen.
Eibeck: Wenn wir mit KI das Wissen über unsere Netze bündeln, entsteht ein geniales Werkzeug, das viel mehr leisten kann.
Brauchen Ihre künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Forschergeist, der hier an der Schule angeregt wird?
Schaller: Bei SachsenGigaBit sind wir Anwender, keine Grundlagenforscher. Uns hilft die Offenheit der jungen Leute für den technischen Fortschritt. Reines Abarbeiten von Aufgaben ist nicht mehr gefragt.
Welche Kompetenzen wünschen Sie sich ganz konkret bei Neueinsteigern?
Eibeck: Den Mut, eine Aufgabe anzunehmen, auch wenn das Problem neu ist und man die Lösung noch nicht kennt.
Heß: Dieser Mut entsteht an der Schule dadurch, dass Fehler akzeptiert werden und beim Lernen dazu gehören. So stelle ich mich Herausforderungen eher, als wenn ich fürs Falschmachen bestraft werde.
Eibeck: Wir haben bei uns einen Leitsatz: Die Veränderung ist die Konstante. Uns Führungskräften liegt viel daran, das in die Köpfe und Herzen aller zu transportieren.
Frau Heß, was halten Sie von Bestrebungen, das Digitale an den Schulen zurückzudrehen, um wieder Grundfertigkeiten wie die Handschrift zu vermitteln?
Heß: Da schlägt mein Herz als Grundschulpädagogin höher. Sehr analog gelernt wird bei uns aber nicht nur in der Grundstufe. Die Schülerinnen und Schüler der 7. und 8. Klassen sind alle vier bis sechs Wochen für vier Tage in der sogenannten Jugendschule außerhalb unseres Schulgeländes, in einer alten Ziegelei. Da bauen sie Gewächshäuser, imkern, säen und ernten, kochen für die Gruppe und pflegen das Gelände. Dazu gehen sie zwei Jahre lang jeden Freitag ins Praktikum zu Dresdner Firmen.
Thomas Eibeck, SachsenGigaBit
Thomas Eibeck wurde vor drei Jahren zum Geschäftsführer der SachsenGigaBit berufen und ist für die kaufmännische und strategische Entwicklung des Unternehmens verantwortlich. Der Diplom-Ingenieur für Nachrichtentechnik hat mehr als 25 Jahre Erfahrung im Management von Telekommunikations- und IT-Firmen.
Jens Schaller, SachsenGigaBit
Jens Schaller ist seit 2016 als Geschäftsführer der SachsenGigaBit und des Vorgängerunternehmens desaNet tätig. Er hat an der TU Dresden Elektrotechnik studiert und arbeitet seit 30 Jahren im Konzern der heutigen SachsenEnergie. Am Breitbandausbau war er von Beginn an beteiligt.
Ist Ihre Schule eine Eliteschule?
Heß: Nein, wir haben den Querschnitt der Gesellschaft im Haus: Ottonormalkinder, gehörlose Kinder, Hochbegabte, Autisten. Wir wollen die Neugier, die sie mitbringen, lange erhalten und bereiten sie auf unterschiedlichste Herausforderungen vor. Die Mädchen und Jungen lernen, im Team zu arbeiten, Projektrollen einzunehmen, ihre Zeit zu managen.
Wie wichtig ist die technische Ausstattung für Ihre Schule?
Heß: Jeder wusste, dass dieser Schulversuch ohne das Digitale nicht funktioniert. Wir haben stabiles WLAN, jede Schülerin und jeder Schüler verfügt über einen Laptop. Das Wichtigste bleibt aber die Pädagogik, die sich an den Bedürfnissen der Lernenden orientiert. Die Digitalisierung ist der Zuckerguss auf der Torte.
Welche Rolle spielt SachsenGigaBit dabei?
Schaller: Dresden schuf mit dem Programm „Stadtnetz 500+“ die Grundlage, alle städtischen Einrichtungen ans Glasfasernetz zu bringen. Wir als SachsenGigaBit sind der Partner, der das umsetzt. Wir schließen insgesamt 436 Objekte an das Glasfasernetz an. 135 davon sind Schulen, von denen die meisten – nämlich 123 – schon am Netz sind.
Gibt es in Ostsachsen ähnliche Fortschritte?
Eibeck: Wir sind in den vier ostsächsischen Landkreisen aktiv und nehmen unsere Verantwortung für die Region ernst. Digitalisierung muss als Grundversorgung genauso alltäglich werden wie Strom, Wärme, Gas und Wasser. Wir bauen die digitale Infrastruktur zwischen Elbland, Osterzgebirge und Neiße auf. Per Kabel oder drahtlos, im WLAN oder Mobilfunk. Wir sorgen dafür, dass die Funkmasten ans Netz angeschlossen werden. 5G geht nicht ohne Glasfaser.
Welche weiteren Projekte stehen bei SachsenGigaBit aktuell an?
Schaller: Uns beschäftigt besonders der Glasfaserausbau in Dresden – hier planen wir im ersten Schritt, bis zu 25.000 Haushalte zu versorgen. Auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge haben wir viel vor: In 19 der 36 Kommunen bauen wir das Netz aus. Wir haben in Sachsen bereits 5.000 Kilometer Glasfaser verlegt. Und es geht kontinuierlich weiter.
Eibeck: Was uns sehr wichtig ist: Wir stehen zu unseren Zusagen und bauen in den festgelegten Gebieten definitiv aus – unabhängig davon, wie viele Eigentümer sich für einen Anschluss entscheiden. Überall, wo wir Glasfaser verlegen, öffnen wir das Netz für den Wettbewerb. Denn nur ein ausgelastetes Netz ist rentabel. Die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen und natürlich auch die Schulen sollen so bald wie möglich in den Genuss des schnellen Netzes kommen.
Wenn die Schule und SachsenEnergie Feierabend haben, wie digital ist Ihr Leben dann noch?
Schaller: Vieles zu Hause mache ich bewusst analog. Unser Familienkalender liegt auf dem Schreibtisch, da trägt jeder seine Termine von Hand ein.
Eibeck: Ich bin eher digital bei Kalendern, Notizen und in der Kommunikation mit der Familie. Beim Lesen bleibe ich analog. Ein gutes Buch nehme ich gerne mit in den Urlaub, selbst wenn es schwerer ist als ein digitales Lesegerät.
Heß: Mein Leben ist sehr digital. Einen wunderbaren Ausgleich finde ich in meinem Garten. Wobei ich auch dort zur App greife, wenn ich etwas zu den Eigenschaften einer Pflanze wissen will. Das ist einfach praktisch.
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