Beständigkeit ist eine Voraussetzung für gutes Wirtschaften. Warum das nicht einfacher wird, diskutieren Axel Cunow, Finanzvorstand von SachsenEnergie, und Thilo Mühle, dessen Firma in Glashütte seit sechs Generationen mechanische Uhren herstellt.
Herr Mühle, schauen Sie Menschen immer zuerst aufs Handgelenk?
Thilo Mühle: Erst schaue ich mir die Person an, aber der zweite Blick geht zur Armbanduhr, das gebe ich zu. Ist eine Berufskrankheit. Ich frage mein Gegenüber oft, was der Kaufgrund für die Uhr war, auch um daraus für uns zu lernen. Meistens ist das ein emotionaler Grund, denn niemand braucht eine hochwertige Uhr zum Überleben.
Die genaue Zeit kann heute jeder von seinem Handy ablesen.
Mühle: Stimmt. Aber gerade deswegen hat eine mechanische Uhr, die ohne Strom sehr genau die Zeit anzeigt, ihre ganz eigene Magie.
Dr. Axel Cunow: Das empfinde ich auch so. Ich trage eine Uhr mit Handaufzug, die ohne Batterie auskommt. Das jahrhundertealte technische Wissen, das in Uhrwerken steckt, fasziniert mich. Ich schätze auch die Werthaltigkeit von mechanischen Uhren. Eine Smartwatch ist nach ein paar Jahren nicht mehr zu gebrauchen. Und ich bin bereit, mehr für eine Uhr auszugeben, wenn ich weiß, dass ihr Wert nicht bald auf null sinken wird.
Und Ihre Emotion dabei?
Cunow: Mein Modell war die erste Uhr, mit der Menschen auf dem Mond waren. Das finde ich eine großartige Geschichte.
Mühle: Den Mond können wir nicht toppen, aber auch wir haben Geschichten, die uns als Marke ausmachen. Uns verbindet eine langjährige Partnerschaft mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, für die wir besonders robuste Uhren machen, den S.A.R. Rescue-Timer.
Und die Familie Mühle produziert in der sechsten Generation in Glashütte, damit haben wir an diesem besonderen Ort der Uhrmacherkunst eine Alleinstellung. Unseren Kunden gefällt, dass wir aus der Region kommen, ein Familienbetrieb sind und diese Beständigkeit leben.
„Wir sind in Sachsen fest verwurzelt, das wollen wir belegen.“
Dr. Axel Cunow, SachsenEnergie
Legen Sie Wert auf Pünktlichkeit?
Mühle: Ich hole mal etwas aus. Zu DDR-Zeiten wurde unser Betrieb verstaatlicht. Mein Vater blieb damals im Betrieb, aber erst nach der Wende haben wir wieder als Familie die Firma neu gründen können. Eine der ersten Entscheidungen meines Vaters war es, unsere Uhren so zu regulieren, dass sie immer ganz leicht vorgehen, aber nie nachgehen. Weil mein Vater Zuspätkommen einfach unschön findet.
Cunow: Für mich ist Pünktlichkeit eine Tugend und ein Akt der Höflichkeit, so bin ich erzogen worden. Ich schaffe es nicht immer, das gebe ich zu. Aber wir hatten in meinem Arbeitsbereich die Tendenz, Meetings cum tempore zu beginnen. Also eine akademische Viertelstunde als Spielraum mitzudenken, jeder nach seinem Gusto. Das habe ich geändert. Ich finde, 14 Uhr sollte auch wirklich 14 Uhr sein im Arbeitsleben.
Klappt das?
Cunow: Meistens. In meinem Büro habe ich meinen Tageskalender auf einem Monitor immer im Blick. Den kann auch jeder gerne sehen, und ich versuche mich daran zu halten. Wenn ich einen Anschlusstermin verpasse, weil ein Meeting länger gedauert hat, dann erkläre ich das eben. Grundsätzlich baue ich mir Puffer ein, damit so etwas selten passiert.
Ist Pünktlichkeit die kleine Schwester der Zuverlässigkeit?
Cunow: Das würde ich unterschreiben. Ich weiß aber nicht, ob Zuverlässigkeit ein Wert ist, auf den sich alle überhaupt noch einigen können. Meinen Kindern wird in der Grundschule eher Kreativität, Durchsetzungsfähigkeit und Selbstbewusstsein vermittelt, scheinbar alte Werte wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Disziplin kommen meiner Wahrnehmung nach selten oder gar nicht mehr vor.
Mühle: Das kann ich bestätigen. In meiner Schulzeit waren die Lehrer Respektspersonen, das ist teilweise verlorengegangen. Ich finde Kreativität und Selbstbewusstsein wichtig, aber ohne Disziplin werden wir es als Gesellschaft künftig schwer haben.
Wie meinen Sie das?
Mühle: Ich meine die Einstellung zur Arbeit. Die steht bei vielen nicht mehr so im Vordergrund. Es wird übersehen, dass Arbeit die Grundlage unseres Staates ist. Man kann nur ausgeben, was man erwirtschaftet – das will nicht jeder so sehen.
„Wir punkten, weil wir ein Familienunternehmen sind.“
Thilo Mühle, Mühle Glashütte
Ist es schwerer geworden, Uhrmacher zu finden, selbst im Traditionsort Glashütte?
Mühle: Wir kämpfen mit den gleichen Problemen wie alle anderen auch. Uhrmacher ist kein einfacher Beruf, sie haben den ganzen Tag eine Lupe auf und arbeiten mit winzigsten Teilen. Das macht keiner aus Jux und Tollerei. Zum Glück finden wir noch Leute, die eine Faible dafür haben. Meistens Frauen, der Beruf ist sehr weiblich geprägt. Vielleicht wegen der größeren inneren Ruhe.
Cunow: Es wird seit Jahren schwieriger, geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden, das merken wir deutlich. Bei gewerblichen Berufen, bei Ingenieuren, für die IT. Viele junge Leute studieren lieber, als dass sie eine Ausbildung machen. Und beim Studium wählen sie eher Geisteswissenschaften als MINT-Fächer. Das ist ein für uns negativer Trend, mit dem wir umgehen müssen.
Wie machen Sie das?
Cunow: SachsenEnergie versucht, mit guten Arbeitsbedingungen und Chancen zu punkten. In Sachen Ausbildung haben wir deutschlandweit einen sehr guten Ruf, unsere Azubis belegen bei Wettbewerben wie den World Games meist die vorderen Plätze. Und die Sicherheit des Arbeitsplatzes ist ein Thema, bei dem wir mit unserem stabilen Geschäftsmodell attraktiv sind. Bei uns kann jemand bis zur Rente bleiben, wenn sie oder er das will.
Wie wichtig ist die Identifikation mit dem Unternehmen?
Cunow: SachsenEnergie ist ein Infrastrukturdienstleister. Das klingt erstmal sperrig, aber die Menschen verstehen schon, was sich dahinter verbirgt: Wir arbeiten auf vielen relevanten Feldern an der Zukunft Sachsens, Energieversorgung, Elektrifizierung, Glasfaser, Wasser, um nur ein paar zu nennen.
Die Krisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass eine stabile Versorgung nicht gottgegeben ist, sondern dass man einiges dafür tun muss. Mein Eindruck ist, dass sich viele unserer Mitarbeitenden mit unserem Unternehmenszweck, dem so genannten Purpose, identifizieren und stolz auf unsere gemeinsamen Leistungen sind.
Mühle: Wir punkten, weil wir ein Familienunternehmen sind. Wir haben viele langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von der Ausbildung bis zur Rente bei uns bleiben. Mit unseren 62 Mitarbeitenden sind wir klein im Vergleich zu SachsenEnergie. Aber auch wir bieten Beständigkeit, die brauchen wir auch als Unternehmen.
Ihre Kinder Fanny und Dustin Mühle übernehmen seit 2024 leitende Aufgaben. Vor 25 Jahren übernahmen Sie den Staffelstab von Ihrem Vater, Sie kennen diesen Übergang nun von beiden Seiten. Macht es das einfacher?
Mühle: Ich hatte damals einige Reibungspunkte mit meinem Vater, da war ich der junge Wilde und wollte vieles ändern. Insofern kann ich nachvollziehen, wenn meine Tochter Fanny jetzt Dinge anders machen will. Sie ist da so wie ich früher war. Sie ist energiegeladen und impulsiv, ihr Bruder Dustin ist der Ruhigere und denkt erstmal alles durch. Eine wunderbare Kombination. Die beiden sind ein Spiegelbild meiner Persönlichkeit.
Cunow: Wurden Ihre Kinder bei Ihnen im Betrieb ausgebildet?
Mühle: Für die beiden war die Uhrmacherei immer präsent. Sie kennen den Betrieb – und manche Kollegen – seit sie klein sind. Eine Ausbildung bei uns haben sie aber nicht gemacht, sondern zunächst etwas Eigenes, bevor sie eingestiegen sind. Fanny hat Physiotherapeutin gelernt, Sozialpädagogik studiert und beim Jugendamt gearbeitet. Dustin hat Fluggerätemechaniker gelernt und Wirtschaftswissenschaften studiert. Diese Erfahrungen und dieses Wissen der beiden tun uns als Firma gut.
„Uhrmacher ist kein einfacher Beruf, sie haben den ganzen Tag eine Lupe auf und arbeiten mit winzigsten Teilen.“
Thilo Mühle, Mühle Glashütte
Nervt es manchmal, wenn Ihre Kinder jetzt andere Ideen haben als Sie?
Mühle: So würde ich es nicht nennen. Es kann herausfordernd sein. Aber ich will sie nicht bremsen, weil ich mir bewusst bin, dass die beiden die Zukunft des Unternehmens sind, nicht ich. Mein Vater ist 83 Jahre alt und kommt immer noch regelmäßig in den Betrieb. Das werde ich nicht machen.
Wie teilen Sie sich die Arbeit auf?
Mühle: Ich kümmere mich immer noch stark um unsere internationalen Kunden, zum Beispiel in Fernost – China, Japan, Taiwan. Im vergangenen Jahr sind Fanny und ich zusammen nach Asien gefahren, um die dortigen Kulturen kennenzulernen. Da kann man viele Fehler machen, wenn man nicht sensibel ist und die kulturellen Unterschiede kennt.
Worauf ich Wert lege, ist die Verständlichkeit unseres Geschäftsmodells. Unsere Kunden, also wirklich die Käufer unserer Uhren, nicht die Juweliere, müssen verstehen, was wir als Firma machen, warum wir welche Entscheidungen treffen, sonst überfordern wir den Markt.
Cunow: Das liegt mir auch am Herzen. Vielleicht überschätzen wir aus unserer Innensicht manchmal, was die Menschen über SachsenEnergie, unsere Arbeitsfelder und unsere Produkte wissen. Es ist auch komplizierter geworden, die Gesetze ändern sich, die Steuern, die Umlagen, wer will sich damit beschäftigen? Ich glaube, die Menschen wollen einfach eine solide Versorgung mit Strom und Gas mit der Gewissheit, nicht über den Tisch gezogen zu werden.
Manche suchen immer nach dem billigsten Tarif.
Cunow: Es ist eine Minderheit, die den letzten Cent rausquetschen will und von Anbieter zu Anbieter springt. Ist auch anstrengend, und nach zwölf Monaten hat mancher eine unschöne Überraschung erlebt, wenn die Preise dann hochschnellen. So etwas passiert bei uns nicht, das kann ich versprechen. Wir machen auch nicht Unmengen von Angeboten, bei denen keiner durchblicken kann. Diesen Tarifdschungel lehne ich ab. Ich will klare Preise ohne Sternchen.
Wir werden nicht immer der günstigste Anbieter sein, aber immer ein verlässlicher, und das für Jahrzehnte. Wir stehen mit SachsenEnergie für Kontinuität und Fairness.
Mühle: Da sind wir uns gar nicht so unähnlich. Auch bei unseren Uhrenlinien setzen wir auf Kontinuität. Den S.A.R. Rescue-Timer, den ich vorhin erwähnt habe und den wir mit den Seenotrettern entwickelt haben, gibt es seit 2002.
Was zeichnet diese Uhr aus?
Mühle: Das Modell ist für den Einsatz auf rauer See gebaut, nachts gut ablesbar und besonders stoßsicher. Früher haben sich viele Seeleute ihre Armbanduhren kaputt gemacht, weil sie bei hohem Wellengang ständig irgendwo anstoßen. Aus dieser Zusammenarbeit ist eine Partnerschaft entstanden, eigentlich eine Freundschaft. Wir unterstützen die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger seit Beginn der Kooperation mit Spenden und Anteilen am Erlös der Uhr. Ich bin auch Mitglied im Gremium der Seenotretter.
Cunow: Ich halte ehrenamtliches Engagement für sehr wichtig. SachsenEnergie pflegt viele Partnerschaften in Sachsen, kulturell sowie im Breiten- und Profisport. Wir sind in Sachsen fest verwurzelt, und das wollen wir nicht nur behaupten, sondern belegen.
Wir haben jetzt über die Vorteile von Kontinuität gesprochen – aber verhindert Beständigkeit manchmal auch Innovation?
Mühle: Bei unseren Uhren verändern wir unsere Modelle nur behutsam. Wir haben nur drei Design-Linien, die sind von unseren Kunden über Jahre gelernt. Rolex vollzieht seit Jahrzehnten nur minimale Veränderungen an seinen Uhren. Wenn da mal ein Modell drei Millimeter größer wird, gilt das als Sensation. Innovation findet bei uns eher bei der Produktionsweise statt. Ich denke, dass die kommende Generation ganz genau hinsehen wird, ob etwas wirklich klimafreundlich hergestellt wird.
Cunow: Für uns sind Innovationen entscheidend. Die Anforderungen an die Energieproduktion etwa sind immer höher geworden in den vergangenen Jahren, von Seiten der Politik, von Seiten der Gesellschaft. Es soll grün sein, es soll aber auch bezahlbar sein, es soll sicher sein. Da brauchen wir technologische Antworten, die jahrzehntelang tragen, und daran arbeiten wir.
Wir haben Projekte begonnen mit Solarthermie, Geothermie, Großwärmepumpen. Wir bauen ein modernes Heizkraftwerk im Dresdner Norden. Wir treiben den Glasfaserausbau in Sachsen voran, um zuverlässiges und schnelles Internet anbieten zu können. Wir brauchen diese Veränderungen, um unsere Versorgung zu erhalten und zu verbessern.
Es gibt ein Zitat des italienischen Schriftstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Es lautet: „Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist nötig, dass alles sich verändert.“ Stimmen Sie zu?
Cunow: Wenn damit die Notwendigkeit gemeint ist, sich anzupassen und weiterzuentwickeln, um zu erhalten, was uns lieb ist, dann kann ich das unterschreiben.
Mühle: Wir handhaben das in unserer Familie schon seit sechs Generationen so. Also: Ja, ich stimme gerne zu.
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