Der Osten Sachsens trocknet aus. Ein größerer Wasserverbund könnte Abhilfe schaffen. Wie genau, erklärt SachsenEnergie-Vorstandschef Dr. Frank Brinkmannn.
Das Thema Wasserversorgung hat in den letzten Jahrzehnten in Sachsen eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Kann das so bleiben?
Frank Brinkmann: Dieser sehr pauschalen Aussage möchte ich widersprechen. Bei SachsenEnergie und der DREWAG beschäftigt uns das Thema schon sehr lange. Angesichts der ständig größer werdenden Herausforderungen der Zukunft gewinnt es zunehmend an Bedeutung. Auf Bildern des NASA-Satelliten Grace zeigen sich Teile von Sachsen tiefrot. Betroffen sind dabei vor allem Landstriche im Osten des Freistaates. Die Farbe signalisiert, dass diese Region aufgrund von steigenden Temperaturen und Trockenperioden außergewöhnlich hohe Wasserverluste erleidet. In eine ähnliche Richtung gehen die Ergebnisse einer aktuellen Studie von Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie. Die Wissenschaftler haben Daten aus 188 Grundwasser-Messstellen mit Hilfe eines Netzwerkes ausgewertet. Ihre Schlussfolgerung: Bei allen durchgespielten Klimaszenarien drohen vor allem im Osten Deutschlands deutlich abnehmende Grundwasserspiegel. Hinzu kommen die Folgen des jahrezehntelangen Kohleabbaus, welche den Wasserhaushalt durcheinandergebracht haben. Vor all diesen Fakten dürfen wir nicht die Augen verschließen. Solche Erkenntnisse der Wissenschaft zu ignorieren, wäre fatal.
Wie nehmen Sie die Rolle der Politik in dem Thema wahr?
Brinkmann: Nach meinem Eindruck hat der Freistaat die Herausforderung erkannt und geht sie an. Umweltminister Wolfram Günter spricht davon, dass die Klimakrise und damit einhergehende Dürren es immer dringlicher machen, die Wasserversorgung widerstandsfähiger zu gestalten und nicht auf ortsnahe Versorgung zu setzen. Vielmehr muss es für die Region darum gehen, die Fernwasserversorgung an erkannten Schwachpunkten auszubauen. Diese Idee ist ebenfalls wichtiger Bestandteil der Grundsatzkonzeption Wasserversorgung 2030 für Sachsen. Dort ist ausdrücklich von Defiziten in Teilen der sächsischen Wasserversorgung aufgrund von Trockenheit die Rede. In der Arbeitsgemeinschaft Flussgebietsbewirtschaftung wollen Berlin, Brandenburg und Sachsen die große Aufgabe gemeinsam angehen.
Wie könnte eine Lösung für die angesprochene Herausforderung aussehen?
Brinkmann: Es würde sich anbieten, ein Verbundsystem, also eine Art Wasser-Versicherung für alle, zu schaffen, welche in einem gemeinsamen Netz miteinander verknüpft sind. Diese teilweise so noch nicht vorhandene Struktur könnte temporäre und regionale Unterdeckungen ausgleichen sowie die Weitergabe von Überkapazitäten ermöglichen. Das ist übrigens eine Idee, die auch von Deutschlands oberstem Wasserwerker Karsten Specht unterstützt wird. Er spricht von neuen Wasserleitungen, um feuchte Gegenden mit trockenen zu verbinden und durch dieses Zusammenspiel Extreme auszugleichen. Das muss natürlich nach miteinander abgestimmten, gemeinsamen Regeln geschehen. Perspektivisch dürfte es nötig werden, in diesem Rahmen auch neue Wasservorkommen zu erschließen. Ein solcher Verbund ist zudem eine wichtige Voraussetzung, um den Strukturwandel der Kohleregion zu einem Hightech-Standort zu ermöglichen und größere Forschungseinrichtungen sowie Industriebetriebe hier anzusiedeln. Die Chip-Industrie hat sich bereits Standorte außerhalb von Dresden im ländlichen Raum angesehen. Eines der größten Ansiedlungs-Hindernisse bildet bisher die Wasserversorgung. In Dresden gehen wir die Herausforderung durch den Bau von innovativen Industriewasser-Systemen an.
In Sachsen waren vier der letzten fünf Jahre die wärmsten seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Die Grundwasserpegel liegen auf einem historisch niedrigen Niveau. Prognosen von Klimaforschern zufolge dürfte sich der Trend zur Dürre verschlimmern, auch wenn es in den Wintermonaten häufiger zu Starkregen kommen wird. Wissenschaftler der NASA und des Deutschen Geoforschungszentrums in Potsdam vermessen die Grundwasserpegel inzwischen auch per Satellit. Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie haben berechnet, dass der Regen nicht reicht, um die Grundwasservorräte aufzufüllen. Zudem steigt der Bedarf an Wasser, zum Beispiel durch den Strukturwandel in der Lausitz, wo neue Halbleiterfirmen Prozesswasser benötigen. Dank der vielen Talsperren ist die Trinkwasserversorgung in Sachsen aber recht sicher.
„Wir stehen als Helfer, Partner und Ermöglicher für die Lausitz bereit.“
Dr. Frank Brinkmann, Vorstandsvorsitzender SachsenEnergie
Was würde die von Ihnen skizzierte Verbund-Idee für die knapp 50 kleineren Wasserverbände in Ostsachsen bedeuten, welche seit Jahrzehnten dort als Versorger tätig sind?
Brinkmann: Die durch Zerlegung der Wasser- und Abwasserbehandlung Dresden nach der Wende entstandenen Verbände blieben selbstverständlich das Tor zur Region und zum Kunden. Sie leisten eine gute und bürgernahe Arbeit. Die geplante Vernetzung ist in den Sparten Strom und Gas gang und gäbe, ebenso in der Wasserversorgung anderer Gegenden Deutschlands.
Schauen Sie einfach einmal in die unmittelbare Nachbarschaft, in westlicher gelegene Teile Sachsens und nach Sachsen-Anhalt. Mit der Südsachsen Wasser GmbH oder der Fernwasserversorgung Elbaue Ostharz existieren dort sehr leistungsfähige und bestens funktionierende Verbände. In Bayern überlegt Umweltminister Thorsten Glauber, Wasser aus dem Bodensee in Richtung Nordbayern überzuleiten.
Welche Rolle sehen Sie in diesem Prozess für SachsenEnergie?
Brinkmann: Über eine kommunale Gesellschaft halten mehr als 160 Städte und Gemeinden in Ostsachsen eine Beteiligung an SachsenEnergie. Mit den Produkten Gas und Strom sind wir als Versorger seit Jahrzehnten mit der ENSO und ihren Vorgängerunternehmen auch in den Kreisen Bautzen und Görlitz aktiv. Genau deshalb sehen wir uns in der Verantwortung, die Lausitz beim Umbau von einer Kohle-Region zu einem Forschungs- und Hightech-Cluster mit vielen neuen Arbeitsplätzen tatkräftig zu unterstützen. Wir verstehen uns als Helfer, Partner und Ermöglicher einer zukunftsfähigen, leistungsfähigen und nachhaltigen Wasserlösung. SachsenEnergie steht für eine Umsetzung bereit, sobald vor Ort konkrete Details und Regeln für den langfristigen Aufbau eines kommunalen Versorger-Verbundes feststehen, das Vorhaben die Rückendeckung der Politik gefunden hat und finanziell untersetzt ist.
Das klingt sehr schlüssig. Trotzdem wird SachsenEnergie mitunter vorgeworfen, mit einem größeren Verbund eigene Wasserdefizite im Großraum Dresden beheben zu wollen. Was ist dran an diesem Argument?
Brinkmann: Gar nichts. Die Wasserdargebote in Dresden und den Trinkwassertalsperren im Osterzgebirge sind nach allen derzeitigen Prognosen völlig ausreichend, um den Bedarf in der Landeshauptstadt und ihrer Umgebung auch perspektivisch zu decken. Durch die Trennung von Trinkwasser- und Industriewasserversorgung tun wir zudem alles dafür, die wichtige Ressource Wasser zu schonen. Hier haben wir ein gemeinsames Ziel vor allem mit den Unternehmen der Chipbranche, die ebenfalls ihrerseits sehr viel für das Wasserrecycling tun und diese Anstrengungen immer weiter verstärken.
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